Nachbarinnen in Wien –


Christine und Fatima

Wer von uns weiß, wie die eigenen Nachbarn heißen, geschweige denn, aussehen.

Gerade in großen Städten passiert es, dass man sich als neu zugezogene schwer zurecht findet. Auch der Anschluss an ein soziales Netzwerk ist nicht einfach. 2012 hat Christine das Netzwerk “Nachbarinnen” gegründet.

NACHBARINNEN sind Sozialassistentinnen, sie sind Frauen, die die gleiche Sprache sprechen und den gleichen kulturellen bzw. traditionellen Hintergrund haben und suchen Familien bzw. Frauen in ihrem vertrauten Umfeld auf und bieten Unterstützung an. Das bedeutet zum Beispiel die Begleitung zu Ämtern oder Ärzten, Kontaktaufnahme mit Schulen oder auch die Vermittlung von Lernhilfen, um nur einige zu nennen.

Die Begleitung der Nachbarinnen soll das Empowerment der Familien und insbesondere der Frauen stärken und fungiert somit als Hilfe zur Selbsthilfe. Fatima, ist eine dieser Nachbarinnen und kennt den Ablauf und die Erfolgsgeschichten.

Wir wollen heute mit Christine und Fatima über ihre Arbeit und ihren Zugang gesprochen, wie sie mit den Frauen und Familien arbeiten, welche Vereinbarungen sie mit Frauen treffen und wie wir alle bessere NachbarInnen werden können.

Die NACHBARINNEN findest du unter www.nachbarinnen.at. Wenn du sie direkt unterstützen möchtest, schau am besten hier vorbei. Auf Instagram gibt es unter @nachbarinneninwien

Hier kannst Du diese Podcastfolge zBsp anhören:

https://mitmilchundzucker.podigee.io/295-nachbarinnen-in-wien

Zitate aus der Podcastfolge:

(06:07) Wir fragen prinzipiell jeden, der beim Türl reinkommt, ob sie oder er einen Kaffee will.

(08:02) Wir haben jemanden gebraucht, der uns zu Frauen die Brücke bildet.

(08:23) Wir haben gesagt: Was klein geht, geht auch groß.

(08:26) Nach einer Sozialraumanalyse haben wir definiert, wer am ehesten die Menschen sind, die nach Österreich kommen und am ehesten in Gefahr sind, in die Isolation abzurutschen.

(10:43) Ich freue mich sehr, dass ich meine Muttersprache in meiner Arbeit nutzen und Menschen helfen kann.

(11:09) Unser Ansatz ist: Ich begleite dich eine Zeit und zeige dir, wie du selber in dieser Stadt zurechtkommst.

(12:57) Die allermeisten Frauen kommen zu uns, weil durch ehemals begleitete Frauen.

(13:49) Wenn ich eine Familie kennenlerne, schaue ich zuerst, was sie brauchen. Ich stelle mir vor, es ist meine Familie, und was kann ich machen, um die Situation der Familie zu verbessern?

(16:14) Unser erstes Ziel ist nicht die Spaltung. Unser erstes Ziel ist, dass die Familie zusammenbleibt und gemeinsam das Leben meistert.

(17:48) Das Werkzeug der Familienkonferenz hätte ich mir, als ich Kinder bekommen habe, gewünscht.

(18:00) Wir wenden Werkzeuge an, die auch hier Familien brauchen würden, damit eine gleichwertige Beziehung zwischen allen Familienmitgliedern besteht.

(21:43) Der Weg der Integration ist eine zweiseitige Geschichte. Wir tun immer so: „Die sollen sich integrieren.“ Nein, wir müssen uns auch öffnen. Damit es gelingt, müssen sich beide Seiten öffnen.

(22:05) Die Nachbarinnen vertreten immer das österreichische System, aber muttersprachlich und aus derselben Kultur kommend.

(23:28) Jeder hat Vorurteile. Jeder, der nicht mit einem Thema besonders befasst ist, hat Vorurteile, die zum Beispiel aus Medien kommen. Und deswegen reden wir miteinander, um einander zu verstehen.

(31:16) Wir haben mit den Nachbarinnen gemeinsam eine Struktur entwickelt, wie wir Familien begleiten. Die Idee ist immer wie am Anfang geblieben, wir haben nur gemeinsam die Struktur verfeinert.

(33:27) Ich hab ein derartiges Glück – ich bin im Nutellafass geboren – und ein bisschen was von der Nutella kann man verteilen.

(33:51) Es ist ein derartiges Glück, in das ich da hineingeboren bin, dass ich von dem auch ein bisschen weitergeben kann, wenn sich Menschen wie die Fatima auf mich einlassen.

(34:18) Wir hören oft in den Medien, dass die ausländischen Familien viel Geld kosten, aber man sieht nicht, dass die Familien wirklich kämpfen, hier zu leben, alles zu lernen und alles für die Kinder zu machen.

(35:03) Es gibt Familien, die Angst hatten, im Park zu spielen oder die Nachbarn zu begrüßen, weil die Menschen sie böse ansehen.

(37:35) Die Menschen sind deutlich besser, als uns in den Medien klargemacht wird mit irgendwelchen depperten, reingehenden populistischen Sagern.

(38:15) Ganz pragmatisch gesehen: Was kann uns Besseres passieren? Wir tun nichts anderes, als die Kinder, die kommen, auszubilden.

(38:31) Jeder jammert ständig über den Facharbeitermangel, Lehrer:innenmangel und was auch immer für einen Mangel – wir bräuchten nur ein bisschen helfen.

(40:02) Wir haben viele Angebote, aber nicht jedes ist für jede Familie interessant.

(42:44) Der Prozess des Alleinlassens ist während der gesamten Begleitung.

(42:50) Beim Perspektivengespräch nach ca. 8 Wochen Begleitung fragen wir: Was hast du vorher nicht können und was kannst du jetzt? Und was willst du alleine können, und was brauchst du dafür von mir?

(43:12) Die Frauen sind stolz, dass sie es alleine können.

(45:02) Wir sagen den Frauen von Anfang an, dass wir nicht ein Leben lang bleiben.

(46:00) Vor dem Abschluss der Begleitung sind wir sicher, dass die Frauen es alleine schaffen werden.

(47:08) Die Teamsitzungen, die wir jede Woche haben, wo wir stundenlang über die Familien reden – da herrscht eine Offenheit und eine gegenseitige Unterstützung und eine Art, miteinander umzugehen, die allen hilft.

(50:49) Eine Sache muss ich schon vielen Menschen erklären: die Grundzwiderheit der Österreicher.

(51:56) Wir haben einen Grundrassismus erlebt – in einem Ort, der nur vom Tourismus lebt.

(57:01) Demokratie ist nicht einfach. Demokratie ist etwas sehr Vielschichtiges und Kompliziertes.

(57:09) Die wahre Basis der Integration wird abgelehnt. Es ist einfacher zu sagen: Geh, schleicht’s euch.


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