Doro Blancke – Lesbos 2025: Hoffnung oder Verzweiflung


Wir widmen uns erneut einem Thema, das uns seit Langem beschäftigt – der Situation geflüchteter Menschen auf der griechischen Insel Lesbos. Wir haben mit Doro gesprochen. Sie ist seit vielen Jahren vor Ort, hilft unermüdlich und wird nicht müde, Missstände anzuprangern und Lösungen einzufordern.

Lesbos ist seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 zu einem Symbol für das europäische Ringen um eine menschenwürdige Migrationspolitik geworden. Tausende Menschen stranden hier – oft nach gefährlichen Überfahrten über das Meer – in der Hoffnung auf Schutz, Sicherheit und eine neue Perspektive. Was sie jedoch vorfinden, sind häufig katastrophale Zustände: überfüllte Lager, mangelhafte medizinische Versorgung, fehlende Zukunftsaussichten und politische Blockaden.

Wir haben in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Doro gesprochen – über die Zustände in den Camps, über die oft vergessene humanitäre Krise am Rand Europas und über das, was Helferinnen und Helfer täglich leisten, obwohl ihnen dabei immer mehr Steine in den Weg gelegt werden.

Die politische Stimmung in Europa hat sich in den letzten Monaten deutlich verschärft: Grenzschließungen sind wieder salonfähig geworden, der politische Wille zur Solidarität schwindet, und zentrale Maßnahmen wie die Familienzusammenführung werden ausgesetzt.

In dieser Folge haben wir gemeinsam mit Doro einen aktuellen Blick auf die Situation auf Lesbos geworfen – auf die Menschen, die dort helfen, und auf jene, die dort leben müssen, obwohl sie nie dorthin wollten.

Was hat sich seit unserem letzten Gespräch verändert? Welche neuen Herausforderungen sind hinzugekommen – für die Geflüchteten, aber auch für die Helferinnen und Helfer vor Ort?

Mit Doro haben wir darüber gesprochen, was das konkret bedeutet: für den Alltag auf der Insel, für die humanitäre Hilfe – und für die Hoffnung auf eine sichere und würdevolle Zukunft.

Alles zu den Hilfsprojekten von Doro und Spendenmöglichkeiten findest du unter doroblancke.at
Auf Instagram kannst du sie unter @doroblancke bei ihrer Arbeit begleiten.


Die bisherigen Podcastfolgen mit Doro kannst du hier hören:
2024 – Doro Blancke – Wie ist ist Situation für geflüchtete Menschen in Griechenland?
2023 – Doro – Flüchtlingshilfe – doro blancke
2022 – Doro – Veränderungen und Notwendigkeiten auf den griechischen Inseln
2021 – Eiskaffee und Sonnencreme – Sommerupdate mit Doro
2021 – Doro – Choose Love – Warum wir die Menschen in Griechenland nicht vergessen dürfen

Im vergangenen Sommer haben wir Doro unseren Podcast übergeben. Dabei sind 4 Folgen live aus Lesbos entstanden:
Folge 1
Folge 2
Folge 3
Folge 4


Hier kannst du diese Podcastfolge z.Bsp anhören:

https://mitmilchundzucker.podigee.io/298-doro2025

https://open.spotify.com/episode/3Jn3k97OMsdutGQ8yjJLV0?si=-JbBHcYzT7GQUjdzYwFwog

Zitate aus dieser Podcastfolge:

(05:41) Lesbos ist schon ein bisschen meine zweite Heimat.
(07:15) Ich lebe auf Lesbos, wenn ich Freizeit habe – sehr privat.
(07:23) Ich trinke meistens Kaffee, viele Griechin­nen trinken Ouzo.
(10:15) Seit Monaten sind 50 bis 75 % der Menschen im Camp Frauen und Kinder.
(10:24) Im Winter gab es nicht mal Decken im Camp. Wir haben aus Österreich palettenweise Decken bekommen.
(10:55) Es müssen 9–10 Menschen und 2 Kinder in einem Container leben.
(11:16) Wenn die NGOs nicht da wären, gäbe es kaum medizinische Versorgung.
(11:36) Es gibt über 60 Familien mit Kindern, die hier einfach festhängen.
(11:47) Mit Afghaninnen hat man alle Interviews eingestellt, weil man auf einen neuen Türkei-Deal hofft.
(13:45) Die griechische Küstenwache hat versucht, ein Schiff zurückzudrängen. Neben dem Schiff der griechischen Küstenwache, 100 Meter vor der Küste, sind 8 Menschen und 2 Kinder ertrunken.
(15:09) Es weinen Mütter mit uns und bitten uns um eine Windel am Tag.
(16:49) Man darf nicht nur Geflüchtete im Auge haben, wenn man helfen will.
(16:57) Für mich war es von Anfang an wichtig, dass wir mit den Einheimischen zusammenarbeiten.
(19:04) Es ist das Bedürfnis, zusammenzukommen und den Status zu erhalten.
(19:54) Das Einzige, worüber man sich in Europa einig ist, ist die Brutalität des Grenzschutzes.
(20:51) Die Grausamkeiten, die man an der Grenze macht, sind ein Test, wie man’s mit den Menschenrechten tatsächlich hält.
(21:45) Die Mechanismen gehen dahin, Menschen zu demütigen, zu entwürdigen und Hass zu schüren.
(29:15) Wie wir mit den Menschen an den Außengrenzen umgehen, ist eine Unverantwortlichkeit. Die Gewalt. Das Sterben. Wie sollen wir einmal friedlich zusammenleben?
(30:20) Es ist an der Zeit, dass wir aufbegehren – Empörung allein reicht nicht.
(32:12) Unsere Lebensmittelpakete bekommen jeden Samstag besonders Personen – das sind Menschen, denen von NGOs Unterkünfte bezahlt werden. Die Geschichten reichen von Vergewaltigungen bis zu krebskranken Kindern.
(32:46) Wir bezahlen die Miete und liefern Lebensmittel für „Safe Shelter Lesbos“, das Frauenschutzhaus.
(37:41) Ich hab ChatGPT am Anfang mit „Sie“ angesprochen, und alle haben fürchterlich gelacht.
(38:59) Ich lerne viel beim Crowdfunding, und ich sehe, wie viele liebende und hilfsbereite Menschen es gibt – aber ich muss viel Zeit investieren, um die Hilfe auf Lesbos aufrechtzuerhalten.
(39:28) Was wir tun, was hier passiert – das gehört verbreitet. Ich bereite die Posts meistens in der Nacht vor. Es sind Stunden, die ich brauche. Am Tag habe ich anderes zu tun.
(39:47) Ich bin viel mit Tod konfrontiert auf Lesbos. Der Refugee-Friedhof füllt sich.
(39:53) Ich komme in ein Alter, wo ich darüber nachdenke: Wie will ich gewesen sein?
(42:51) Die Schande hat sich potenziert. Es war in allen Medien: Moria – die Schande Europas. Mittlerweile ist die Situation für alle normal, und je normaler es wird, desto größer wird mein Zorn und meine Power, dass ich das so nicht stehen lasse.
(43:39) Ich empfinde Schmerz bei dem Gedanken: Wie können wir so sein?
(47:12) Erkennen wir die Realität an – es muss noch keiner rennen und etwas tun, aber sprechen wir wenigstens die Realität an.
(49:40) „Ein Mensch, der bei uns 170 Euro verdient und noch 140 Euro heimschicken kann – den sollten wir zum Finanzminister machen.“ Ein geiler Ausspruch von Lukas Gahleitner-Gertz als Antwort auf den Innenminister.
(50:31) Wie könnten wir alle Migrant*innen empowern, von ihrem Streikrecht Gebrauch zu machen – und alle gehen in der Früh in die Arbeit, setzen sich hin und tun nichts. Beim Spar, das Reinigungspersonal, Spital, Kindergärten – alle. Drei Viertel von Österreich würde stillstehen.
(5:27) Die meisten Menschen, die jetzt hier sind, haben 10 grausamste Pushbacks hinter sich, bei denen ihnen Handy, Geld – alles – weggenommen wurde. Sie probieren es immer wieder, herzukommen, weil sie sagen: Wo sollen wir denn hin?
(51:48) Welche Nachricht hat sich durchgesetzt? Die Menschen wissen: Sie kommen in die emotionale Hölle.
(56:29) Menschenrechtspreis heißt nicht nur, sich auf die Schulter zu klopfen – sondern ist auch eine Verantwortung.
(56:34) Mein Charakter ist nicht, zu allen immer lieb zu sein. Ich will zu allen respektvoll sein – aber ich will nicht mit allen lieb sein.
(1:01:52) Die Geschichten, die ich auf Lesbos höre, die Menschen, die ich treffe – es sind Ereignisse, die der Gesellschaft gehören.


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